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Klauende Katzen und brüllende Trolle

Minka springt auf den Tisch und schnappt sich schnell eine Scheibe Schinken. Sie springt zurück auf den Boden und fängt genüsslich an, den Schinken zu fressen. Dann sieht sie, wie ihre Halterin in die Küche kommt. Schnell würgt sie das letzte Stückchen Schinken hinunter und duckt sich unter einen Stuhl in die Ecke.

„Sehen Sie, die weiß genau, dass sie das nicht darf. Schauen Sie nur mal wie schuldbewusst sie guckt!“

Stopp! Minka wurde gerade massiv vermenschlicht. Minka fühlt sich nämlich gar nicht schuldig. Woher ich das weiß?

Nein, es hat nichts damit zu tun, dass ich glaube, dass Katzen kein Schuldbewusstsein haben können. Die Wahrheit ist: Ich weiß nicht, ob Katzen sich schuldig fühlen können. Ich persönlich habe bisher noch keine Katze gesehen, die Schuldgefühle gezeigt hat. Aber das heißt nichts. Schließlich habe ich bei weitem nicht alle Katzen in allen Situation gesehen.

Vermenschlichend ist in diesem Moment nicht der Katze die Fähigkeit zu bestimmten, komplexen Gefühlen zuzusprechen. Vermenschlichend ist anzunehmen, dass Minka sich für das Klauen des Schinkens schuldig fühlen sollte.

Vermenschlichend ist, dass wir behaupten, Minka hätte etwas geklaut. Das hat sie aus Katzensicht gar nicht. Aus Katzensicht ist sie auf den Tisch gesprungen und hat festgestellt, dass dort Essen rumliegt. Einfach so. Sie ist auf den Tisch gesprungen und hat dort Essen gefunden. Aus Sicht einer (hungrigen) Katze wäre es völlig unsinnig dieses frei verfügbare Essen nicht zu nehmen. Was für eine Verschwendung!

Und warum duckt sie sich dann unter den Stuhl, sobald ihre Halterin in die Küche kommt? Und lässt vorher auch noch schnell die Beweise verschwinden, indem sie den Rest ihrer Schinkenscheibe runterwürgt?

Ganz einfach: Weil sie die Erfahrung gemacht hat, dass ihre Halterin sich völlig irrational aggressiv verhält, wenn Minka – aus Katzensicht völlig legitim – frei verfügbares Essen frisst.

Wechseln wir mal die Situation und die Perspektive:
Ihr wollt einen reißenden Fluß überqueren. Direkt vor euch, wenn ihr einfach dem Weg weiter folgt, führt eine stabile Steinbrücke über den Fluß. Die einzige Brücke weit und breit. Ich glaube wir sind uns einig, dass es völlig unsinnig wäre durch den Fluss zu schwimmen anstatt die Brücke zu nehmen.

Während ihr über die Brücke lauft, kommt ein großer, brüllender Troll aus dem Gebüsch des gegenüberliegenden Ufers und stapft keuleschwingend auf euch zu. Vermutlich werdet ihr schnell das Weite suchen. Denn so groß und dumm und schwerfällig der Troll auch sein mag, er ist euch körperlich hoffnungslos überlegen und deswegen gefährlich.

Was passiert, wenn ihr das nächste Mal an den Fluss und die Brücke kommt? Werdet ihr sie wieder benutzen oder schwimmt ihr diesmal lieber durch den Fluss? Falls ihr euch dazu entscheidet die Brücke trotzdem wieder zu benutzen und der Troll kommt wieder aus dem Gebüsch: Rennt ihr schnell wieder von der Brücke zurück ans Ufer? Weil ihr euch schuldig fühlt, dass ihr die Brücke benutzt habt? Schließlich wisst ihr doch genau, dass ihr die Brücke nicht nehmen dürft. Das hat euch der Troll doch bereits beim ersten Mal sehr deutlich klar gemacht. Wenn ihr euch sicher sein könnt, dass der Troll nicht da ist, schwimmt ihr trotzdem durch den Fluss, weil ihr die Brücke ja nicht benutzen dürft? Oder nehmt ihr doch wieder die Brücke? Und, fühlt ihr euch jetzt schuldig?

Macht die Regel des Trolls für euch Sinn? Nickt ihr und sagt: „Ja, okay, er hat ja recht. Ist schließlich seine Brücke. Das hat er mir ja deutlich genug klargemacht.“? Oder ist er nur groß und aggressiv und deswegen gefährlich?

Das nächste Mal, wenn ihr eure Katze irgendwo wegscheucht, weil sie etwas macht, was sie nicht darf, denkt an den großen, dummen, brüllenden Troll und fragt euch, ob ihr das in den Augen eurer Katze sein wollt.

Wenn ihr lieber wissen wollt, wie ihr es besser machen könnt: Hier findet ihr eine Anleitung zu einem zivilisierten Umgang mit unerwünschtem Verhalten.

Die Sache mit der Konsequenz

Wenn es um Konsequenz im Umgang mit Katzen geht, hört ihr von mir gerne mal zwei grundsätzliche Aussagen:
1) Konsequenz schafft Erwartungssicherheit und
2) konsequent bedeutet nicht streng.

Grundsätzlich könnt ihr euch merken: Konsequenz im Umgang mit euren Katzen bedeutet nicht, dass ihr versucht ein konsequentes Verhalten eurer Katze zu erzwingen. Es bedeutet, dass ihr euch eurer Katze gegenüber konsequent verhaltet. Das Verhalten eurer Katze wird dann in den allermeisten Fällen von ganz alleine ebenfalls konsequent.

Klarer wird das vielleicht an einem Beispiel:

Wenn ihr eure Katze nie vom Tisch füttert, ist das konsequent. Eure Katze wird dann höchstwahrscheinlich schnell das Interesse an eurem Essen verlieren. Sie bekommt davon ja sowieso nie was ab.

Wenn ihr eure Katze immer vom Tisch füttert, ist das ebenso konsequent. Eure Katze wird dann wahrscheinlich zu jeder Malzeit schon bereitsitzen und auf ihren Anteil warten.

Kann es auch konsequent sein eure Katze nur manchmal vom Tisch zu füttern? Manchmal schon:
Wenn eure Katze zum Beispiel immer dann etwas abbekommt, wenn ihr Lachs esst. Dann erkennt sie am Lachsgeruch, dass es heute wieder soweit ist. An diesen Tagen wird sie schnell erwartungsvoll an oder auf dem Tisch sitzen. An anderen Tagen habt ihr trotzdem gute Chancen, dass sie euch in Ruhe essen lässt.

Wenn ihr eurer Katze immer mal wieder was von eurem Essen abgebt, je nachdem, wie es euch gerade einfällt, dann ist das natürlich streng genommen nicht konsequent. Das ist aber nicht unbedingt schlimm, vorausgesetzt es stört euch nicht, wenn sie bettelt. Eure Katze hat zwar in diesem Fall keine Erwartungssicherheit, dass sie was abbekommt. Sie weiß aber, dass sie eine Chance hat etwas abzubekommen. Es ist für sie wie ein Glücksspiel und sie wird wahrscheinlich sehr ausdauernd am Tisch sitzen. Denn vielleicht ist ja heute mal wieder ein Tag, an dem sie Glück hat.

Manche Katzen finden dieses kleine Spiel sehr spannend, für anderen bedeutet es eher Stress. Entsprechend solltet ihr eure Katze genau beobachten, wie sie damit zurechtkommt. Solange sie sich in der ersten Kategorie aufhält, spricht prinzipiell nichts gegen je nach Lust und Laune nur manchmal mit ihr zu teilen.

Kommen wir jetzt zu den Situationen, die definitiv nicht konsequent sind:

Wenn ihr eurer Katze manchmal was von eurem Essen abgebt, und sie an anderen Tagen wegschickt oder gar dafür bestraft, dass sie bettelt, dann ist das ganz sicher nicht konsequent. Eure Katze kann nicht wissen, ob sie heute auf einen Leckerbissen hoffen kann. Gestern war es erlaubt sich zu euch auf den Tisch zu setzen und wurde sogar belohnt. Heute ist es plötzlich verboten. Woher soll eure Katze wissen, was an welchem Tag gilt? Ziemlicher Stress für euren kleinen Tiger, der sehr gerne was von eurem Essen probieren möchte, aber nie weiß, woran er ist, wenn er euch darum bittet.

Inkonsequent ist es auch, wenn ihr eurer Katze das Betteln am Tisch abgewöhnen möchtet, ihr dann aber doch einmal ausnahmsweise was abgebt, weil sie doch so besonders lieb geguckt hat. Dann seid ihr wieder beim Glücksspiel für Katzen. Je nachdem wie toll eure Katze euer Essen findet, kann es sich für sie lohnen jeden Tag mit großen Augen neben euch zu sitzen, auch wenn sie damit vielleicht nur einmal im Monat Erfolg hat. Deswegen ist es beim Abgewöhnen von Verhalten ganz wichtig, dass ihr wirklich eisern konsquent seid und das auch über lange Zeit durchhaltet. Denn erst wenn eure Katze verstanden hat, dass es ab sofort wirklich gar nie niemals nicht mehr was vom Tisch gibt, wird sie (konsequenterweise) das Nachfragen einstellen.

Ihr habt allgemeine Fragen zu Verhalten, Erziehung und Beschäftigung von Katzen? Schreibt mir gerne eine E-Mail an blog@felipaws.de mit euren Themenwünschen.

Umgang mit unerwünschtem Verhalten

Diese Frage hat vermutlich jeden Katzenhalter schonmal beschäftigt: Wie kann ich meiner Katze unerwünschtes Verhalten abgewöhnen, sei es am neuen Sofa zu kratzen, Essen vom Tisch zu klauen oder die Küchenarbeitsplatte als Schlafplatz zu benutzen? Mit unerwünschtem Verhalten meine ich explizit Verhalten, dass aus Katzensicht völlig akzeptabel ist und nur den Menschen stört.

Manche Halter versuchen das Verhalten mit Strafe zu bearbeiten. Im besten Fall erreichen sie damit, dass ihre Katze das Verhalten nur noch zeigt, wenn sie nicht anwesend sind. Im schlimmsten Fall handeln sie sich jede Menge Nebenwirkungen ein und verlieren das Vertrauen der Katze.

Andere nehmen das Verhalten hin, da man Katzen ja sowieso nicht erziehen kann und ärgern sich einfach still darüber.

Ich möchte euch heute ein allgemeines Vorgehen vorstellen, mit dem ihr eurer Katze unerwünschtes Verhalten effektiv und katzenfreundlich abgewöhnen könnt. Dazu braucht es nur ein bißchen Kreativität, die Fähigkeit sich in die eigene Katze hineinzuversetzen und vier Schritte:

1) Bedürfnis erkennen
2) Alternativverhalten ermöglichen
3) Alternativverhalten verstärken
4) unerwünschtes Verhalten verhindern

Damit diese vier Schritte etwas greifbarer werden, möchte ich sie mit euch gerne anhand eines häufigen Beispieles durchgehen: Dem Kratzen am Sofa.

 

Bedürfnis erkennen

Katzen tun nichts „einfach so“ oder gar um euch zu ärgern. Sie tun Dinge, weil sie damit ein Bedürfnis befriedigen wollen. Kratzen ist da gleich ein sehr komplexes Beispiel: Katzen kratzen um ihre Krallen zu schärfen, um ihr Revier zu markieren, um sich nach dem Schlafen zu strecken, um überschüssige Energie oder Frust abzubauen, als Spielaufforderung, um die Aufmerksamkeit ihres Menschen zu erregen und so weiter.

Warum genau eure Katze gerade am Sofa kratzt, könnt ihr am besten ermitteln, indem ihr mal darauf achtet wann und in welchen Situationen sie das tut. Steht das Sofa direkt vor dem Fenster, vor dem öfter der Nachbarskater vorbeiläuft? Dann liegen Reviermarkierung und eventuell Frustabbau nahe. Kratzt sie nur, wenn ihr im Zimmer seid, dann will sie wahrscheinlich eure Aufmerksamkeit erregen. Kratzt sie direkt nachdem sie auf dem Sofa geschlafen hat, geht es ihr wohl in erster Linie darum ihre Muskeln zu strecken. Natürlich kann das Kratzen in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Zwecke erfüllen. Versucht möglichst alle zu ermitteln. Im Zweifelsfall könnt ihr auch bei den nächsten Schritten ein wenig ausprobieren und bei Bedarf nachsteuern.

 

Alternativverhalten ermöglichen

Nachdem ihr nun wisst, oder mindestens eine starke Vermutung habt, warum eure Katzen gerade am Sofa kratzt, solltet ihr euch überlegen, was sie denn stattdessen tun soll. Beim Kratzen liegt die Antwort auf der Hand: An ihrem Kratzbaum kratzen natürlich. Dazu ist er ja da.

Jetzt kommt aber der Clou: Kann der Kratzbaum das (Haupt-)Bedüfnis eurer Katze überhaupt befriedigen? Ein Kratzbaum, der an der Innenwand des Wohnzimmers steht ist zum Reviermarkieren völlig ungeeignet, da das Revier vor allem an den Außengrenzen markiert wird. Der Kratzbaum im Gästezimmer, wo ihr nie seid, eignet sich kaum, um eure Aufmerksamkeit zu erregen. Dazu kommt, dass ihr darauf wahrscheinlich sowieso nicht reagieren würdet. Da ist das Sofa viel effektiver.

Zum Glück habt ihr jetzt das nötige Wissen, um die Situation zu verbessern. Indem ihr den Kratzbaum an eine passendere Stelle umstellt. Indem ihr vielleicht noch einen zusätzlichen Kratzbaum oder ein Kratzbrett direkt am Fenster anbringt. Oder indem ihr eurer Katze ein Signal an die Pfote gebt, mit dem sie eure Aufmerksamkeit auf sich lenken kann.

 

Alternativverhalten verstärken

Häufig reicht es eurer Katze schon, wenn sie erlaubte Kratzgelegenheiten an passenden Stellen vorfindet. Darauf verlassen dürft ihr euch aber nicht. Es ist gut möglich, dass sie die Alternative erst als erlaubt und sinnvoll kennenlernen muss. Dabei könnt und solltet ihr sie unbedingt unterstützen. Belohnt eure Katze also dafür, dass sie den neuen Kratzbaum benutzt, z.B. mit einer kleinen Spieleinheit oder einem Leckerbissen. Gebt ihr unbedingt die gewünschte Aufmerksamkeit, wenn sie ihr neues Verhalten anbietet und sich z.B. vor euch setzt und euch anschaut. Die besten Ergebnisse werdet ihr dabei erzielen, wenn die Belohnung das aktuelle Bedürfnis eurer Katze möglichst gut trifft. Denkt dabei z.B. auch an das Material des Kratzbaumes. Reviermarkierungen sollte man sehen können.

 

Unerwünschtes Verhalten verhindern

Dieser letzte Schritt ist nicht immer notwendig, aber oft sinnvoll. Gerade wenn eure Katze das unerwünschte Verhalten schon länger gezeigt hat, ist es oft zur Gewohnheit geworden. Gewohnheiten abzulegen ist schwer und es ist gut möglich, dass ihr eurer Katze das Kratzen am Sofa verwehren müsst, damit sie überhaupt auf die Idee kommt sich eine Alternative zu suchen und das neue Kratzbrett für sich entdeckt.

Wichtig: Auch dieses Verwehren könnt ihr freundlich, katzengerecht und ohne Strafe angehen. Außerdem sollte zu diesem Zeitpunkt unbedingt bereits eine geeignete Alternative zur Verfügung stehen, damit eure Katze ihr Bedürfnis weiterhin befreidigen kann.

Legt für ein paar Tage oder Wochen eine Decke oder ein Tuch über das Sofa, möglchst mit einer realtiv glatten Oberfläche, die sich nicht zum Kratzen eignet. Stellt (vorübergehen oder dauerhaft) eine Pflanze oder ein Schränckchen vor die bevorzugte Kratzstelle. Bringt einen Sichtschutz an, damit sich eure Katze gar nicht mehr so sehr über den Anblick des Nachbarskaters aufregen muss. Oder hängt das Kratzbrett einfach direkt ans Sofa, damit eure Katze die bevorzugte Kratzstelle einfach weiterbenutzen kann.

Ihr seht schon, es gibt für jedes Problem eine ganze Reihe möglicher Vorgehen, aus denen ihr die für euch und eure Katze individuell passende aussuchen könnt.

Analog könnt ihr bei fast jedem unerwünschten Verhalten vorgehen, indem ihr einfach die vier Schritte durchgeht. Dabei werden euch bei unterschiedlichem Verhalten unterschiedlichen Schritte sehr einfach fallen und andere vielleicht etwas mehr Nachdenken oder Training benötigen. Eine machbare Lösung findet sich aber in fast allen Fällen.

Und dann könnt ihr euch über den ganz großen Vorteil dieses Vorgehens freuen: Ihr habt das Verhalten eurer Katze sehr effektiv in andere Bahnen gelenkt, indem ihr mit ihr statt gegen sie gearbeitet habt.

Ihr habt allgemeine Fragen zu Verhalten, Erziehung und Beschäftigung von Katzen? Schreibt mir gerne eine E-Mail an blog@felipaws.de mit euren Themenwünschen.